"Das Können ist des Dürfens Maß", so der Succus der alpinistischen Lebenshaltung des Paul Preuss, dem geistigen Vater der ursprünglichen Freikletterbewegung und dem Richtungsgeber vieler Alpinisten vom Kaliber eines Ferdl Plörer, Alpinisten, für die Bergsteigen mehr ist als Freiluftsport. Das Spannende an Ferdls Geschichten ist jedoch nicht das konsequente Verfolgen des Preuss’schen Ideals, sondern die offene Erzählung seines gefährlichen und hindernisreichen Werdegangs. Es ist ein langer, wechselvoller Weg, der ihn zur Balance zwischen Können und Dürfen führt und auf dem ihn oft eine übergroße Bergnatur dazu zwingt, über sein Können hinauszuwachsen und auf dem ihn ungeahnte Ereignisse nicht selten jenseits des Dürfens katapultieren.
Das Unverwechselbare und Interessante an einem Kletterer und Bergsteiger ist nicht, wie schwierig er klettert, nicht wie schnell er im Gebirge von A nach B kommt, auch nicht ob und wie viele 8000er er bestiegen hat, sondern welche Entwicklung er durchmacht und welche Haltung ihm dadurch zuwächst. In dieser Hinsicht ist bei Ferdl viel passiert zwischen dem blinden Vertrauen zu seinem ersten Kletterpartner, dem Vater, und seinen späteren "selbstbewussten" Solobegehungen einsamer und ernsthafter Routen. Was im Leben zählt, sind die Herausforderungen, welche wir annehmen und wie wir sie meistern. Voraussetzung dafür ist die Exposition, die Bereitschaft sich auszusetzen, egal in welcher Disziplin.
Ferdl hat die Berge gewählt. Für kaum jemand trifft der ironisch gemeinte Spruch "ein Leben ohne Bergsteigen ist möglich, aber sinnlos" besser zu als für Ferdl. Dabei geht es ihm schon lange nicht mehr um den Erhalt der Fitness, noch um Bewegungsdrang oder Leistung, sondern einfach um die aktive Pflege einer Intimität, die sich im Laufe seines Lebens mit den Bergen und den Steilwänden eingestellt hat.