Die junge Algerierin Aube hat den Bürgerkrieg der 1990er-Jahre selbst miterlebt, davon zeugt nicht zuletzt die Narbe, die ihren Hals wie ein Lächeln umspannt. Beim Überfall auf ihr Dorf hatten Islamisten versucht, ihr die Kehle genauso zu durchschneiden wie ihren Angehörigen, doch allein ihre Stimmbänder wurden erfasst. Nicht nur die fehlende Stimme bringt Aube nun zum Schweigen, sondern auch die staatlichen Gesetze, die verbieten, an den damaligen Bürgerkrieg zu erinnern. Ihr Schmerz und ihre Auflehnung dringen nicht nach außen. Allein an das Mädchen, das in ihrem Inneren heranwächst, kann Aube ihre Worte richten. Ihr erzählt sie ihre Leidensgeschichte. Denn die geheime Schwangerschaft konfrontiert die junge Algerierin mit Fragen über die furchtbare Vergangenheit und eine düstere Zukunft: Hat sie das Recht, ihr Kind zu behalten? Kann sie Leben schenken, wenn es ihr selbst fast entrissen wurde? Aube kehrt zurück in ihr Heimatdorf, wo alles begann, und sucht Antworten bei den Toten.
Mit Huris verleiht Kamel Daoud algerischen Frauen eine Stimme und stellt sich gegen das noch immer verordnete Vergessen des Bürgerkriegs und seiner Schrecken. Eine ziselierte Erzählung mit ebenso poetischer wie politischer Kraft.