Heinrich Böll kam 1954 zum ersten Mal nach
Irland. Die raue, malerische Landschaft, die
Freundlichkeit der Menschen trotz ihrer Armut,
die Ruhe und Gelassenheit
faszinierten ihn. 1958
erwarb er ein kleines Cottage in Dugort auf der
Insel Achill, im äußersten Westen des Landes, in
dem er fortan jedes Jahr mehrere Monate mit
seiner Familie verbrachte. Hier entstanden nach
eigenen Aussagen 68 seiner Werke. Das Irische
Tagebuch wurde zu einem Welterfolg. Auch
beteiligte er sich als Drehbuchautor an einem
sensiblen Filmporträt, das unter dem Titel Irland
und seine Kinder 1961 vom Westdeutschen Rundfunk
gesendet wurde. Zugleich geriet er in immer
größeren Gegensatz zu den politischen Verhältnissen
in seiner Heimat Deutschland, in die er
sich wort- und tatkräftig einmischte. In Irland
fand er so etwas wie ein Gegenbild zu Deutschland,
auch wenn er sich vor idyllischer Verklärung
zu hüten wusste.
Nicht zuletzt Heinrich Bölls einfühlsamen
Berichten ist das große Interesse der deutschen
Öffentlichkeit an Irland, seiner Landschaft,
seiner Musik und Kultur zu verdanken, das
zeitweilig zu einem regelrechten Boom führte, in
dem sich Traum und Wirklichkeit überlagerten.
Vom Armenhaus Europas hat sich Irland
inzwischen zu einer aufstrebenden und wirtschaftlich
erfolgreichen Nation gewandelt.
Doch trotz der unübersehbaren Modernisierung
des Landes ist das Irland des Heinrich
Böll nicht
ganz verschwunden – es hat nur neue Zeitschichten
angesetzt.