Dem Wunsch, einen Berg zu besteigen, liegt am Anfang immer auch eine gewisse ästhetische Sensibilität zugrunde: Sie geht von der Schönheit dieser grandiosen Naturbauwerke aus, von der noch intakten und potenziell feindlichen Umwelt oder von der Harmonie der Bewegung und der sportlichen Geste.
Jeder Alpinist hat seine Vorlieben, die sich in simplen Elementen äussern, etwa Form, Farbe, Struktur und Geologie der Berge, aber auch in komplexeren Motiven wie geografische Lage oder persönliche Hintergründe. Auch die Höhe spielt eine wichtige Rolle beim Festlegen eines alpinistischen Ziels. Die Höhe eines Gipfels ist nämlich nicht nur eine rein geografische Zahl, sondern liefert Informationen zur Dimension des Bergs im Vergleich zu seinen Nachbarn, zum Charakter der Landschaft und zum physischen Engagement, das für die Besteigung nötig ist. Innerhalb eines Massivs besitzt der höchste Berg sehr wahrscheinlich über weitere solche Elemente der Vorrangstellung, die sogleich den Blick anziehen: die grösste Wand, den längsten Grat, den ausgedehntesten Gletscher. Und auch die Natur ist in dieser Höhe extrem: bezaubernd an einem schönen Sonnentag, kann sie bei einem Sturm zur Hölle werden und übt so eine Faszination aus, der man sich schwerlich entziehen kann, hat man sie einmal kennengelernt.
Im Alpenbogen trifft man dieses für die Höhe typische Ambiente normalerweise schon gegen 3000 Meter an. Eine beschränkte Zahl von Gipfeln erreicht die Viertausendergrenze, ein paar wenige übertreffen 4500 Meter und ein einziger, der Mont Blanc, kommt nahe an 5000 Meter heran. Verglichen mit den meisten anderen Bergen der Alpenkette weisen ihre Viertausender bedeutende Proportionen auf. Auch wenn sie, was ihre Höhe anbelangt, nur halb so hoch sind wie die höchsten Himalaja-Spitzen, so sind die Viertausender doch die wahren „Giganten der Alpen“: majestätische, berühmte und vor allem geschichtsträchtige Gipfel.