Ein Dorf, eingebettet in die Linien der Berge, klebt am Hang, sein Kirchturm ragt wie eine Kerze in die Höhe – eine Spannung zwischen Horizontale und Vertikale, ein typischer Tessiner Moment.
Fabio Andina, der uns aus seinem Roman Tage mit Felice als genauer und sinnlicher Beobachter der Natur und des Dorflebens in Erinnerung ist, widmet sein neues Buch den kleinen großen Momenten im Tessin: das erste Morgenlicht, der laut rauschende Gebirgsbach, die Schwere einer Kuh im Gras und ein Dachziegel, der seit dem letzten Winter herunterzufallen droht. Wir entdecken mit dem Autor vierundsiebzig Hirsche am gegenüberliegenden Hang, erhaschen das Läuten des Campanile, den Geruch nach Schnee, zuweilen eine aufkommende Kindheitserinnerung und einmal sogar einen unverhofften Kaffee.
Im Zusammenspiel mit den Zeichnungen von Lorenzo Custer, der mit wenigen Strichen das Wirkungsgefüge Mensch-Natur der Tessiner Landschaft festhält, wird in den kurzen Erzählungen – parallel auf Deutsch und Italienisch zu lesen – das Wesentliche dieser geheimnisvollen, von Berg und Tal, Wald, Stein und Wasser und ihren Bewohnern geprägten Welt erkennbar. Horizonte öffnen sich auf einen Reichtum, der in der Kargheit liegt.
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